23. Oktober 2008 Die empörten Zwillinge Was ist denn jetzt los? Dieter Wiefelspütz und Wolfgang Bosbach, die beiden Scharfmacher, die uns nicht aufdringlich genug kontrollieren können, die am liebsten jede unserer Regungen und Bewegungen beobachten und für immer speichern möchten, sind außer sich wegen einer Sicherheitsmaßnahme. Telefone abhören, E-Mails lesen, Festplatten durchsuchen, Straßen filmen, Schulhöfe filmen, Wohnungen filmen, das soll alles Recht sein, aber auf einmal geht es nicht mehr um unsere Sicherheit oder um die des Staates vor Terroristen, Muslimen und anderen, die Wiefelspütz und Bosbach unheimlich sind. Beim Nacktscanner entdecken sie plötzlich die Privatheit. Natürlich finde ich es auch unangenehm, wenn jemand, der weder mein Arzt, noch mein Liebhaber ist, meinen Körper intim anguckt. Vor Jahren haben mich einmal deutsche Grenzer gezwungen, mich auszuziehen, mich vornüber zu beugen und meine Arschbacken auseinander zu ziehen. Das hat mir nicht gefallen. Wer aber mein Telefon, meinen Computer und meine Bewegungen überwacht, der guckt mir ins Gehirn und in die Seele. Das finde ich viel schlimmer. Bei Wiefelspütz und Bosbach ist das anders. Bei denen ist nur der Körper privat. Ihre Gedanken und leider auch ihre Gefühle breiten sie ja unentwegt in der Öffentlichkeit aus, von deren Aufmerksamkeit sie sich offenbar ernähren. Im Hintergrund sehe ich bei beiden aber auch tief empfundenes Christentum. Die Christen verbergen ja schon seit Adam und Eva ihren Körper vor ihrem Gott, legen aber ihre Seele regelmäßig in der Beichte offen. Gut, Wiefelspütz ist evangelisch, Bosbach ist zwar katholisch getauft, empfindet aber ebenfalls protestantisch (könnte er sonst so selbstgerecht sein?), und bei den Evangelischen ist die Beichte unüblich. Dafür tritt der Protestant am Ende mit seiner vom Leben besudelten Seele vor Gott, der spätestens dann alles sieht (und gegebenenfalls, je nach Kirchenzugehörigkeit, auch eine Entscheidung trifft), nimmt den Körper aber gar nicht mit. Und wie die beiden sich Gott gegenüber verhalten, so soll man sich in einem Land mit Kirchensteuer auch dem Staat gegenüber verhalten.
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