7. Oktober 2015 Abschied ist ein kratziger Schal Ich will hier eigentlich davon berichten, wie und wieweit es mir gelingt, mit einem Flüchtling zusammen zu wohnen. Dazu gehört aber auch diese Geschichte, in der er gar nicht auftritt. Auslöser der ganzen Angelegenheit war ja, dass mein Ältester ausziehen würde, und das hat er nun getan. Sein Studienort liegt gut vier Stunden mit dem Nahverkehrszug entfernt, dreieinhalb Stunden mit dem Lastwagen. Wir werden einander nicht oft sehen, weil die Fahrt viel Geld kostet. Ob das gut ist, wird sich zeigen. Seine neuen Mitbewohner sind ein baskischer Lehrling und eine einheimische Studentin, die zuletzt für neun Monate in Indien gearbeitet hat. Es stehen ihm womöglich ähnliche Fremdheitserfahrungen bevor wie mir. Das Zimmer ist ebenerdig, also fußkalt, und wegen eines Gebüschs vorm Fenster auch ohne Gardine heimelig. Neben dem Fenster stehen, vor allem abends, diejenigen, die nicht in der Wohnung rauchen, und rauchen. In der Wohnung riecht es aber auch so interessant. Ist es das Sofa in der Küche? Um nicht im Dunkeln zurückfahren zu müssen, blieben wir über Nacht. Wie bei unserem ersten Besuch war die Stadt schlecht beleuchtet und machte einen ungemütlichen, etwas zu reichen Eindruck. Ein richtiges Studium beginnt unten. Ganz eigenartig wurde mir, als wir am Morgen gingen und sich die Haustür zwischen uns schloss. Auch der Älteste schien anders als sonst zu gucken. Es war für mich die Wiederkehr eines uralten Gefühls, wie das Bewusstsein, dass man sich gerade zum letzten Mal geküsst hat. Darf man so etwas für sein eigenes Kind empfinden? Und doch war es so. Gut, und jetzt tritt er doch auf, dass ich Gebre habe und den ganzen Trubel, den er mit sich bringt.
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