23. Oktober 2020

Vollmonde
 
An einem Spätsommerabend stand ich auf dem Parkplatz eines Supermarkts und betrachtete den aufgehenden Mond, gleich dem grau-in-grauen Platz um mich herum von seinem vollen Licht eingenommen. Groß stand er hinter dem kastenförmigen Gebäude, und ich empfand das Gleiche wie immer, wenn ich den Vollmond sehe, das Gleiche, was viele Menschen empfinden, vielleicht auch das Gleiche wie ein Hase oder eine Erle, wenn sie ihn sehen, wer kann das sagen. Die Empfindung ist stärker, wenn der Mond größer erscheint, wenn der Himmel dunkler ist, wenn weniger Wolken im Bild sind, immer aber schön.

Und dann fiel mir ein, wieviele Jahre mir noch bleiben, nach der Erfahrung anderer zu urteilen. Zwölf bis dreizehn Vollmonde pro Jahr, das sind insgesamt, abgezogen die, die vollständig hinter Wolken verschwinden, also die meisten winterlichen, die, die ich nicht beachte, weil ich in Gedanken oder unter Menschen bin, und die, die an dem Krankenhaus- oder Heimfenster vorbeischeinen, hinter dem mich irgendein Gebrechen ans Bett gebunden hat, insgesamt also nicht mehr so viele.

Es mag verfrüht erscheinen, in meinem Alter bereits Abschied zu nehmen. Die Empfindung jedoch, die in ihrer urgründigen Unfassbarkeit bei mir stark, aber nur undeutlich auftritt: wird sie durch solche Gedanken getrübt oder erhöht?

 

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