6. Juni 2015

Lassen
 
Es gibt einen kleinen Laden bei uns, halb Supermarkt, halb Kiosk und bis zehn Uhr abends offen, in dem sich nach acht diejenigen begegnen, denen der Weg in die Stadt für die paar Kleinigkeiten, die ihnen noch fehlen, zu weit ist.

Als ich neulich dorthin kam, um noch eben Yoghurt zu holen, sah ich eine Frau um die dreißig, die Haare schwarz gefärbt und an den Seiten kurz rasiert, passend zur Frisur gekleidet, mit einem Jungen von etwa fünf Jahren. Das sind die Leute, die ihre Kinder so spät noch rumlaufen lassen.

Auf dem Rückweg vom Kühlregal sah ich den Jungen sich eine von den dünnen für Obst und Gemüse vorgesehenen Tüten abreißen, indem er einen Handballen auf die Rolle presste und mit der anderen Hand schräg an der Tüte zog. Dann versuchte er, sie am falschen Ende zu öffnen, und rief nach seiner Mama. Sie kam aber nicht, um ihm zu helfen, sondern sprach mit einem tätowierten Glatzkopf.

Ich stellte mich an die Kasse und konnte ihn nicht mehr sehen. Nach einer Weile tauchte er wieder in meinem Blickfeld auf, drei Äpfel in der Tüte, und rief nach seiner Mama. Nun dachte ich, er wollte sie fragen, ob er diese Äpfel haben dürfte. Äpfel, nicht Lakritz.

Kinder gibt es, die machen mich glücklich mit dem, was sie alles können, und die machen mich froh, dass es solche Eltern gibt, die es ihnen erlauben, etwas zu können.

 

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